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Ein kindischer Skandal
Im zwinglianischen Zürich ist es absolut kein Problem, wenn
Sexszenen in Kinofilmen gezeigt werden. Auch, wenn junge Leute
den nackten Dödel von Bruce Willis oder die phantastischen
Formen von Sharon Stone auf der Leinwand sehen, kratzt das keine
Sau mehr. Aber die Zensurbehörden tun sich schwer mit Filmen, die
eine gewalttätige Atmosphäre zeigen, vor allem dann, wenn sie
realistisch sind.
Einen Beweis lieferten gemäss Recherchen von Biwidus
die Sachverständigen der Zürcherischen Jugendkommission. Der
Jugendfilm des Amerikaners Larry Clark, sein Erstlingswerk,
namens "Kids" darf nur von
Erwachsenen über 16 Jahren gesehen werden. Der Antrag, das Alter
auf mindestens 14 herabzusetzen, wurde nach einer ersten
Visionierung rundweg abgelehnt. Der zuständige Jugendstaatsanwalt
Dr. Sandro Piracini äusserte gegenüber Biwidus, dass die drei
(natürlich erwachsenen) Sachverständigen den Film nicht für
Jugendliche geeignet gehalten haben. Der Verleiher, Focus Film,
lehnte einen möglichen Rekurs ab.
Um was geht es bei diesem Film? "Kids" erzählt die realistische
Geschichte einer Gruppe von jungen (12-17) Skatern in den
Gossen von New York. Die jungen SchauspielerInnen stammen
tatsächlich aus der Strasse. Ein junger Sexoman, Telly, schläft nur zu seinem
Vergnügen mit jungen Frauen und hat sich ein Hobby daraus gemacht,
sie zu entjungfern. Nur, Telly ist HIV positiv. Und seine
Gespielinnen dann auch. Neben dieser eigentlichen Rahmenhandlung wird die
Lage dieser hoffnungslosen Generation von heute ungeschützt gezeigt,
der 22jährige Drehbuchautor Harmony Korine gehört dann auch in diese Szene.
Die Geschichte um Jugendliche im Sumpf von AIDS, Drogen und hedonistischer
Vergnügungssucht war in den USA ein Skandalfilm, denn er ist völlig unverblümt,
schwarz und baut eine sehr gewalttätige Atmosphäre auf, ohne dass
es tatsächlich zu überbordender Gewalt oder gar Sexszenen käme, es
ist niemals ein nackter Körper zu sehen. Obschon der Film auf
Jugendliche zugeschnitten ist, und obschon diese sich davon gar nicht
gross berührt gefühlt haben, wurde die Alterslimite auf eine Höhe
gesetzt, wo die ZuschaeurInnen vor allem Aeltere sind, die schon
Erfahrung auf diesem Gebiet haben.
Wenn ein Aufklärungsfilm von seinem Zielpublikum nicht mehr gesehen
werden darf, dann hat er keinen Sinn, ausser dass er unterhält oder
einen Skandal entfacht. Unterhalten tut er nicht, aber der Skandal ist
perfekt. "Kids" zeigt auf, wie prüde unsere Gesellschaft ist, die einen
offensichtlichen Jugendfilm Jugendlichen vorenthalten will.
Clark zeigt eine Generation auf der Ueberholspur, die vom Leben
nichts mehr anderes erwarten kann, als das reine Vergnügen. Diese
Generation wächst mit dem Tod auf und stösst fast gezwungenermassen
auf diese Seuche, die als die Seuche unserer Zeit und somit dieser
Generation gilt. Sicher ist "Kids" in Sachen Aufklärungsfilm ein
Schlag mit dem Dampfhammer und nicht so brav wie die Spots des BAG.
Aber in Sachen "Stop Aids" sollte es eigentlich keine Skrupel
geben. Gerade die junge Generation von heute, die mit Gewalt (z.B. im TV)
aufwächst, kann nur so sensibilisert werden.
"Kids" macht betroffen. "Fun, fun, fun!" heisst die Devise, auch wenn mensch
daran zugrunde geht. Sex und Drogen sind die Begleiter unserer Generation,
es ist an uns, dass wir lernen und lehren, damit umzugehen. "Kids" wäre
der erste Schritt dazu gewesen. Aber die Zensur hat dies vereitelt.
Vorläufig. Genau so, wie der junge Casper am morgen nach einer
durchgezechten und -gebumsten Nacht feststellen muss:"Jesus Christus, was ist
geschehen?".
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