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Musicals
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Manche mögens heiss
Holiday on Ice
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Manche mögen's heiss
Wer kennt sie nicht, die Mutter aller Travestiekomödien, einer der
lustigsten Filme der Kinogeschichte überhaupt, "Some like it hot" von
Regisseur Billy Wilder. Dieser köstliche Schwarz-weiss-Film vereingte die
Komiker Tony Curtis und Jack Lemmon, sowie die damalige Sexbombe
Marilyn Monroe in einem von Wilder phantastisch inszenierten Streifen.
1972 wurde der Film dann von Peter Stone auf die Bühne adaptiert und trat
unter dem Namen "Sugar" seinen Siegeszug auf dem Broadway an.
Die deutsche Fassung dieses Musicals hatte letzten Mittwoch im Bernhard-Theater
Premiere, gespielt vom Europa-Musical-Theater unter der Leitung von
Frank Lindauer und Jean Hoffmann, die Choreographie stammte von Hansjörg
Hellinger, die aufwendigen Kostüme von Helena Helbling in Zusammenarbeit mit
der Frauenfachschule Zürich. Die Premiere war, wie zu erwarten war, gut
besucht, immerhin ist das Orginal fast allen bekannt. Die Premierestimmung
hielt sich allerdings in Grenzen, vielleicht lag das auch an der gespannten
Lage des Theaters.
Am Tag der Premiere war bekannt geworden, dass ein Konsortium aus freiwilligen
Kulturinteressierten das nach dem Tod des früheren Besitzers Eynar
Grabowsky ins Schlingern geratene Schiff des Bernhard-Theaters übernehmen soll.
Dies bedeutet zwar nicht die Rettung, aber doch einen rettenden Anker, der dem
renommierten Theater doch wenigstens vorläufig eine Zukunft geben soll.
All dies war vergessen, als der Vorhang aufging und die Mädchenband von
Sweet Sue in einer Spelunke des bleigeschwängerten Chicagos der Dreissigerjahre
auftrat. Der Star dieser Truppe war ganz klar die blonde, kesse, ukulelespielende
und aus lauter Selbstzweifeln trunksüchtige Sugar Kane (Christiane Brammer). Zwei
Musiker, Joe, das Saxophon (Andreas Zaron) und Jerry, die Bassgeige (Dominik Flaschka),
wurden zu Zeugen eines Mordes und müssen vor den Mördern fliehen. Ihr einziger
Ausweg war es, in Mädchenkleider zu schlüpfen und mit Sweet Sues Band
nach Florida zu reisen. Den Rest der Geschichte sollte mensch kennen, auch
im Musical sind die aus einer solchen Situation herrührenden Verwechslungs- und
Verwandlungseinlagen beibehalten worden. Ueberhaupt hält sich die Musicalfassung
ziemlich stark ans Orginal. Sicher, beim Dekor musste ein Kompromiss eingegangen werden,
und ich denke, dass das einfache Bühnenbild mit den ständig wechselnden Spiegeln
eine gute Lösung war.
Das Stück war definitiv sehr lang. Das lag sicher nicht zuletzt an den vielen Songs,
die zum Teil unnötig und langweilig, zum Teil auch geklaut ("Puttin' on the Ritz") und
schlecht übersetzt waren, weniger
wäre mehr gewesen. Dies gilt auch deshalb, weil die SchauspielerInnen nicht gerade
begnadet gesungen haben, und dass die deutschen Uebersetzungen eines englischen
Orginals nie gut werden, das gilt auch für Musicalsongs. Die Band war dafür
unauffällig, was sicher angenehm war.
"Mädchen müsstet ihr sein", meint Sweet Sue zu Joe und legt den Grundstein für
Josephine und Daphne, die wohl unweiblichsten Weiber der Filmgeschichte, das
gilt auch für die Bühne. In der Folge bestehen die zwei Möchtegerngirls die
unglaublichsten Abenteuer und Situationen, eine geniale Ausgangslage für viel
Slapstick und Travestie. Nur hatten alle drei HauptdarstellerInnen mit einem,
mit dem selben Problem
zu kämpfen: der Vorlage, dem Orginal. Joe/Josephine ist Tony Curtis,
charmant, gut aussehend als Mann wie als Frau, aber auch sehr lustig, weil er sich im
Gegensatz zu seinem Partner nie mit der Rolle anfreunden kann. Sein Partner, Jerry/
Daphne ist im Orginal ein Jack Lemmon in Hochform, der für seine Zeit bedrohlich
nahe an der Grenze zur Homosexualität gespielt hatte. Der Jerry von der Bühne ist
ein Recke, sicher einen Kopf grösser als ein Verehrer Osgood Fielding oder sein
Kumpel Joe. Mag sein, dass ein solches Urvieh von Mädchen zusätzlich Gelächter
erzeugt, was beim Orginal nicht war, aber im Gegensatz zur Bühne lebt der Film ja
davon, dass die beiden zwar hässlich, aber aus der Ferne doch Frauen sind. Und wer
am meisten Probleme mit dem Orginal gehabt haben muss, war wohl die Darstellerin
von Sugar Kane, die im Orginal von einer herzerweichend frischen und naiven Monroe
gespielt worden war. Wie bei Lemmon und Curtis
war diese Rolle des blonden und
hübschen Dummerchens ihr auf den Leib geschrieben. Ihr Bühnenpendant war bei weitem
nicht so charmant und schon gar nicht so erotisch. Aber gerade bei ihr war die
Latte auch sehr hoch gesetzt. Es war schlicht unmöglich, an die Leistung der Monroe
heranzukommen, ohne Christiane Brammers Fähigkeiten schmälern zu wollen.
Sie hat ihre Aufgabe meines Erachtens recht gut erfüllt, wobei sie mit dem
Singen etwas Probleme hatte, eine erotisch-rauhe Stimme hätte besser zu dieser Rolle
gepasst als dieser perfekte Opern-Sopran. Ausserordentlich süss waren wiederum die
Girls der Truppe.
Das Stück ist sicher sehenswert und amüsant, allein schon wegen der Atmosphäre des
Bernhard-Theaters. Die Umsetzung der komplizierten Vorlage kann als
gelungen betrachtet werden. Einige Gags sind ganz witzig, wie die Shell-
Verarschung, die ja heute aktueller denn je ist.Ich würde trotzdem
vorschlagen, den Film, dieses Feuerwerk an Gags, doch auf Video zu
geniessen, das Orginal also. Der Schluss mit der Auflösung und der Enttarnung
ging z.B. viel zu schnell. Und ich schliesse ab mit einem Satz von Jerry, der
illustrieren soll, wieviel die beiden "Girls" sowohl im Film, als auch auf der Bühne
taugen:"Jetzt ist's passiert, meine Brust ist raus!".
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