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Die SP tritt an
Lange galt es nicht als sicher, dass die SP an den Ersatzwahlen in den Zürcher
Regierungsrat am 28. Januar teilnehmen würde. Wie wir uns sicher erinnern
werden, trat im letzten November die SP-Kantons- und Nationalrätin Vreni
Müller-Hemmi gegen den SVP-Kandidaten Rolf Gerber an und verlor mit nur etwa
3000 Stimmen Unterschied. Somit schien die grösste Partei des Kantons aus der
Regierung hinausgeworfen zu werden, aber auch der Bürokrat Gerber schaffte das
notwendige absolute Mehr nicht. Die Rechnung der SVP und ihres Juniorpartners
FDP war nicht aufgegangen, die SP war nicht aus der Regierung hinausgeekelt
worden, vorläufig nicht. Die mit allen Mitteln der Kunst schlammgeschlachtete
SP-Kandidatin zog sich zerknirscht aus dem erneuten Wahlkampf zurück und entzog
sich einer neuerlichen Diskriminierungskampagne der vereinigten bürgerlichen
Parteien. Diese waren plötzlich im Offside, denn jetzt kam der Dietiker
Stadtpräsident Markus Notter in die Diskussion, ein den Bürgerlichen angeblich
genehmer Kandidat. Die SVP/FDP-Koalition posaunte heraus, dass sie sich im Falle
einer Kandidatur Notter mit einer SP-Regierungsbeteiligung weiterhin abfinden
könne. Gegen Ende Jahr sah es so aus, als ob das Spiel klar wäre, dass die alte
Zauberformel "fünf Konservative/zwei Progressive" Bestand haben würde.
In der Folge wurden aber innerhalb der Sozialdemokratie die Stimmen lauter, die
genug hatten von diesem abgekarteten Spiel und sich nicht mehr vorschreiben
lassen wollten, wer denn nun der/die Alibisoziale in dieser zutiefst
konservativen Regierung zu sein hatte. Immer mehr, die ursprüngli ch aus Trotz
für eine Kandidatur Müller-Hemmi gestimmt hatten, wollten den Kopf aus der sich
zuziehenden Schlinge ziehen. Sie konnten es nicht mehr mit ihrem Gewissen
vereinbaren, dass eine SP-Magistratsperson die asozialen Entscheidungen des von
den radikalen Regierungsräten Honegger FDP und Buschor CVP dominierten Gremiums
hätte mittragen und somit den problematischen Kurs der nächsten
Legislaturperiode legitmieren sollen. Prompt reichten in ihrem Namen die JUSO
(JungsozialistInnen) einen Antrag ein, am Parteitag vom 8. Januar eine
Nichtkandidatur und somit den Regierungsaustritt zu beschliessen. Das würde
bedeuten: radikale Opposition gegen eine radikale Sozialabbaupolitik. Die Partei
hätte sich nicht mehr mit unpopulären und gegen ihre Grundsätze verstossenden
Entscheidungen zu diskreditieren brauchen. Sie hätte 1998 mit unverbrauchten und
sauberen Leuten gegen eine (fast) rein bürgerliche Regierungskoalition antret en
können und die Wahlen voraussichtlich für sich entscheiden.
Die bürgerlichen Parteien widerum fürchteten sich gerade vor diesem Szenario und
wollten natürlich auch eine SP-Vertretung im sinkenden Boot haben, damit diese
nicht vom Popularitätsverlust der Bürgerlichen profitiere. Die SVP liess sich
zwar die Option frei, Gerber wieder aufzustellen, ob Notter oder nicht, aber
ehrlich gemeint war das nicht, auch Gerber selbst gab bekannt, dass er
eigentlich keine Lust hätte, sich zum Wohle der Koalition einfach verheizen zu
lassen. Die Bürgerlichen waren also daran interssiert, dass die SP an ihrem
Parteitag einen "guten" Kandidaten aufstellt und somit das bürgerliche Spiel
mitmacht.
Das war die Ausgangslage vor dem 8. Januar, als der von allen nervös beobachtete
Parteitag im Hotel Limmat stattfand. über 200 Delegierte marschierten auf, eine
stolze Beteiligung auch für die SP. Der Partei gingen sogar die St immzettel
aus. Die Diskussion über den Antrag der JUSO war verhältnismässig kurz.
RednerInnen beider Seiten kämpften mit den selben Argumenten, einfach mit
anderen Interpretationen und Konsequenzen. Trotzdem war das Ergebnis sehr
deutlich für die Beteiligung, die Partei wollte es noch einmal wissen.
Die Wahl des Kandidaten war eigentlich schon von Anfang an klar gewesen, der
Dietiker Stadtpräsident Markus Notter (1960) war der Kronfavorit, der
Gewerkschafter Hans Jakob Mosimann (1956) aus Winterthur Aussenseiter.
Kurzfristig wurde auch der populäre Nationalrat Elmar Ledergerber gegen seinen
Willen von der Schwammendinger Kreispartei nominiert. Er lehnte ab, nach vielen
Voten für jeden der beiden Kandidaten schritt man zur Abstimmung. Markus Notter
schwang mit 145 Stimmen obenauf, auf den Winterthurer entfielen 65 Stimmen. Er
war der erste, der den frischgebackenen Kandidaten beglückwünschte. Die Partei
war offenbar sto lz auf ihren Mann, mit stehendem Applaus beendete sie ihren
Wahlparteitag.
Jetzt gilt es, den sehr kurzen Wahlkampf problemlos über die Bühne zu bringen,
es fehlt zwar das Geld dafür, aber nichtsdestotrotz ist die Partei sehr
zuversichtlich. Fast gleichzeitig mit der Wahl des SP-Kandidaten zog sich der
ehemalige bürgerliche Kandidat Markus Gerber (SVP) wie versprochen aus dem
bevorstehenden Wahlkampf zurück, es wird den Bürgerlichen nichts anderes übrig
bleiben, als sich mit "ihrem" SP-Mann in der Regierung zu arrangieren, keine
einfache Sache, denn Notter ist nicht gerade als Kompromissler bekannt. Auch ist
die Ersatzwahl in den Regierungsrat um den freigewordenen Sitz von Moritz
Leuenberger gelaufen, denn es ist nicht zu erwarten, dass die Bürgerlichen noch
einmal mit einer Kampfkandidatur kommen, sie würden ihre Glaubwürdigkeit dabei
verlieren. Somit stünde Notter auch als einziger Kandidat fest, er ist somit so
sicher wie gewählt. Die Wahl vom 28.2. ist zu einer reinen Akklamation geworden,
dem Zürcher Stimmvolk wird die Wahl einfach fallen.
Nicht so einfach wird es der frischgebackene Regierungsrat in einem Gremium
sein, die mit ihrer Politik je länger je mehr derjenigen seiner Partei
widerspricht. Er wird wohl, wie ein Vertreter der JUSO gemeint hat, nicht nur
die Stimme der SP in dieser Regierung, sondern auch der sprichwörtliche Rufer in
der Wüste werden. Er aber gibt sich optimistisch, er werde tun, was in seiner
Macht stünde, äusserte er gegenüber Biwidus. Und seine Partei, die eigentliche
Oppositionspartei in der Legislative, wird ihm sehr aufmerksam auf die Finger
schauen müssen, um in den Gesamterneuerungswahlen 1998 kein Waterloo zu erleben.
Wir bleiben dran.
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