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Skandal um Eden TV
Wer letztes Wochenende den Fehler machte, den Zürcher Regionalfernsehsender Züri 1 anzuknipsen -
und sei es nur per Zufall (in der Fachsprache Zapping), sah eine gotteslästerliche
Satiresendung über die Glotze flimmern. Verantwortlich für das grösste Verbrechen am
globalen Opiumhandel (sprich: die Religion) war die Redaktion der Blödelsendung Eden.
In der Folge erhielt die Redaktion, erst am Sonntag abend wieder anwesend, unzählige
zornige und nicht immer ernstzunehmende Anrufe von ehrgeschädigten Zeitgenossen.
Biwidus wurde noch am Sonntagabend von diesen Anrufen in Kenntnis gesetzt und leistete
sich den seltenen Luxus, eine (nämlich ebendiese) Edensendung ganz anzusehen. In diesem
Artikel möchten wir eine kurze Sendekritik machen und vor allem auf das Rauschen im
Blätterwald eingehen, die diese skandalöse Sendung entfacht hat. Bevor wir anfangen,
kurz noch eines: stop the Censorship!!!
Die Eden-Geschichte stützt sich auf eine Story des frechen deutschen Comic-Zeichners Walter Moers ("Du bist mein Sohn").
Nach einem eher langweiligen Einstieg ohne grösseren Bezug zum Rest beginnt die Geschichte
um Gott, den schwulen Petrus und den etwas bescheuerten Jesus. Immer wieder wird zwischen
Himmel und Erde hin- und hergeschaltet. Gott versucht, seine Herrschaft auch im verdorbenen
20. Jahrhundert beizubehalten. Petrus ist mit der Zeit gegangen und spielt den queeren
Hofnarren seines Meisters. Jesus dagegen, ein Zimmermann, der wahrscheinich ein Holzscheit
auf die Birne bekommen hat, schmeisst mit Bibelzitaten um sich und darf Messias sein. Er
erzählt andauernd Judenwitze, für die er nicht nur den Zorn seines Vaters auf sich zieht,
sondern auch die Buhrufe des Publikums. Von rassistisch kann hier nicht die Rede sein. Auch die
Sprüche dazwischen sind nicht immer ganz sauber. Da ist von Ficken die Rede, wie es in der
heutigen Umgangssprache ja üblich ist, und davon, dass die einen
oder die anderen Protagonisten gerne 'mal gewisse Sexualpraktiken vollziehen,
die nicht ganz der Norm entsprechen, immer wieder deuten die Darsteller beispielsweise
Analverkehr an. In loser Folge verweist man auf Stellen aus der Bibel, wie die Versuchung
Christi durch den "Geist, der stets verneint" (Faust!) in der Wüste. Jesus ist dabei der Versuchung
nicht immer abgeneigt. Schliesslich endet er, wie es die Geschichte ja vorschreibt, am Kreuz
und hat dabei ein dringendes Bedürfnis. Damit schliesst die Sendung, und alle gehen nach
Hause.
Jetzt mal im ernst. Wir haben es hier unbestritten mit einer Sendung zu tun, die man nicht
ernst nehmen kann. Aber das konnte man bei Eden noch nie. Helmi Sigg selbst spricht über seine
Produktionen von "Trash". Und dass Eden dabei gerne an der Grauzone des Erlaubten tänzelt,
sollte auch hinlänglich bekannt sein. Selten jedoch hat Eden jemals eine Sendung produziert, die
so politisch war wie diese. Immer wieder zeigt man auf, dass die Religion (welche auch immer)
nicht kritiklos hingenommen werden kann. Jesus ist ein Mensch, wie jeder andere auch, der
halt auch seine Fehler hat. Dass er am Schluss pissen muss, ist ja wohl bezeichnend dafür.
Marx wird zitiert und an der Allmächtigkeit Gottes wird auch gerüttelt. All dies kann man
beispielsweise als Kinofan auch bei Life of Brian von den Monty Pythons nachschlagen. Was ist
daran verderblich, dass die Religion in unserem angeblich aufgeklärten Jahrhundert
durch den Kakao gezogen wird? Was ist daran verderblich, wenn die durch und durch kitschige
Weihnachtsgeschichte angezweifelt wird? Was ist daran verderblich, wenn man sich über die
unbefleckte Empfängnis Mariae lustig macht (die Biologie wird uns dabei recht geben)?
Nichts. Rein gar nichts. Wenn sich jemand dabei in seinen religiösen Gefühlen verletzt
fühlt, dann hat er oder sie ein psychlogisches Problem, denn heute ist auch in der Religion
nichts mehr tabu. Und das ist richtig so, denn Kritik ist der erste Schritt zur
Vernunft. Ich gebe zu, es gibt Stellen, die auch ich geschmacklos finde, Stellen, auf
die man durchaus auch hätte verzichten können. Die Sendung an sich ist jedoch bedeutend
lustiger, als es Kritiker von gewissen Tageszeitungen behaupten. Sie hat fast Monty-Niveau -
und das ist ein Kompliment. Von gotteslästerlich darf heutzutags gerade in der Satire
(und darum handelt es sich auf jeden Fall!) nicht mehr öffentlich die Rede sein, sonst
beweisen wir, dass wir noch im tiefsten Mittelalter leben. Ich habe kaum Sympathie für
den Blödsinn, den die Eden-Leute sonst produzieren. Wenn sie jedoch einmal sozialkritische
Messages in eine satirische Sendung kleiden, dann sollte ihnen ein Lob ausgesprochen
werden und nicht eine Klage eingereicht. EinE JedeR, der oder die sich daran stösst, soll
sich eines besseren besinnen und sich überlegen, in welchem Jahrhundert wir eigentlich leben.
Und was die Zensur betrifft. Ich bin immer gegen Zensur gewesen und bin es heute erst
recht. Zensur ist ein Schwächeeingeständnis. Niemand hat das Recht, eine Aussage, eine
Publikation zu zensurieren, nur weil es ihm oder ihr nicht gefällt, nur weil mensch das
Gefühl hat, die beleidigte Blutwurst spielen zu müssen. Ein Kaktus für all jene, die sich
dafür aussprechen, dass nur noch gezeigt werden darf, was gefällt. Kunst ist eben nicht alles,
was gefällt. Mit diesem Problem hatte schon Stapi Sepp E. zu kämpfen (und erhielt dafür
von Biwidus den Goldenen Giftzwerg). Das skandalöse Verhalten einiger ZeitgenossInnen und
MedienvertreterInnen verdiente diese Auszeicnung durchaus auch. Kein Wunder übrigens,
dass gerade der "unabhängige" Tagesanzeiger gegen Züri 1 mobil macht, diese Zeitung ist
ja bekanntlich auch mit der Konkurrenz, dem selbsterklärten Regionalfernseherfinder und
Fast-Monopolisten Roger S. über sein unsägliches Touristen-TV (TeleZüri) verhangen. Wir
kämpfen gegen Zensur und alle, die sie (offen oder kaschiert) gutheissen!
Schliesslich noch ein paar Worte zum Antirassismus-Gesetz ARG. Einer der (differenzierteren)
Anrufer vom Sonntagabend war Sigi Feigel, einer der führenden Köpfe der jüdischen Gemeinde
in Zürich. Er äusserte den Verdacht, dass die laufende Sendung von Eden gegen das ARG verstosse,
weil judenfeindliche Witze erzählt würden. Auch hier ist die Kritik gänzlich unberechtigt und
hält der Verifizierung nicht stand. Ganz im Gegenteil. Jesus (Midi Gottet) erzählt zwar
judenfeindliche Witze, aber die sind so lausig, wie sie nur sein können. Sie entsprechen
keineswegs den "echten" Judenwitzen, sondern sind nur billige Adaptionen von Ostfriesenwitzen.
Entsprechend erhält der Erzähler auch eine harsche Kritik von Gott und (vor allem) vom
immaginären Publikum, das ihn ausbuht. Das ist eine klare Message der Macher, dass Judenwitze
eben nicht gut sind, dass man sich nur lächerlich macht und diskreditiert dadurch. Was will
mensch eigentlich noch? Eine bessere Kritik am Rassismus, als ihn zu verarschen, kann ich
mir nicht vorstellen. Der Vorwurf, Züri 1 verstosse gegen das ARG ist schlicht nicht
haltlos, und wer den Sender doch anklagt, gesteht ein, dass er oder sie weder etwas
von Satire versteht, noch etwas von Gesellschaftskritik. Kurz: die Kritik an dieser Sendung
ist selbst skandalös und zeugt von einem fehlenden Verständnis für einen kritischen
Umgang mit dem Zeitgeist, von einem totalen Mangel an Verständnis für Satire ganz zu schweigen.
Ich hoffe, dass sich die entscheidenen Herren nicht vor aller Oeffentlichkeit lächerlich
machen, indem sie eine sozialkritische Sendung als skandalös und rassistisch anprangern,
resp. anklagen. Die Geschichte und die Vernunft würden es ihnen nie verzeihen (ich übrigens
auch nicht).
Züri 1 hat auf all diese Kritik anfänglich mit völligem Unverständnis reagiert (ist ja wohl
klar!). Als die Kritik immer offener wurde und der Skandal konstruiert war, zog der
Geschäftsleiter die Sendung zurück und strahlte eine ältere aus. Züri 1 beugte sich also
dem Geschiss, den die anderen Medien gemacht haben und zog sich vernünftigerweise aus
diesem lächerlichen Duell zurück. Moralisch bleibt der Sender so oder so Sieger, denn die Sendung
ist von der Oeffentlichkeit ungerechterweise zensuriert worden. Die Entscheidung war
richtig, obschon die Umstände, die dazu geführt haben, die Oeffentlichkeit und die anderen
Medien in ein schlechten Licht gerückt haben. Ich hoffe, dass Züri 1 und die Leute von Eden
dies nicht als Zeichen verstehen, sich ganz der Satire zu entziehen und plötzlich brav zu
werden. Es braucht Kritik und Satire, gerade im Zürcher Regionalfernsehmarkt, der vom meist
langweiligen Fast-Monopolisten TeleZüri beherrscht wird. Wir brauchen ein Fernsehen, das
Missstände anprangert und der Gesellschaft einen Spiegel vorhält. Sonst können wir gleich
wieder mit Inquisition anfangen! Ich halte es, so als Schlusswort, mit dem genialen Berliner
Journalisten, Schriftsteller und Satiriker Kurt Tucholsky, der auf die Gretchenfrage,
was denn eigentlich Satire sei und dürfe, geantwortet haben soll:"Alles."
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