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Holiday on Ice
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Da vergeht einem hören und sehen: Holiday on Ice
Auch Glitschiges soll im Biwidus einen Platz haben, wir sind ja nicht so. Und
die aktuelle Ausgabe der glitschigsten Revue jenseits des Polarkreises feiert
nicht nur ihr 50. Jubiläum, sondern auch ein fünftägiges Gastspiel hier in
Zürich. Die Show heisst Holiday goes Broadway und ist eine Ansammlung von
mittelmässigen Eislaufpartien und einem Musikpotpurri des chaotischsten Art. Das
Patronat (resp. Matronat) übernahmen dieses Jahr das Reisebüro K. und das
Lokalradio Z.
Am Mittwoch war die Premiere der Show. Überraschenderweise kam man sehr schnell
zu Tickets, sie waren dabei eigentlich gar nicht so billig. Das Eisfeld im
Hallenstadion war auf Hochform getrimmt und eine bombastische Kulisse gebaut
worden. Nicht ganz so bombastisch war dafür die ZuschauerInnenkulisse,
anscheinend gehen die Leute doch lieber selber Eislaufen (oder an den Broadway).
Die Medien waren zwar anwesend, aber auch hier scheint es sich herumgesprochen zu
haben, dass die in der direkten Nachbarschaft ablaufende Delegiertenversammlung
der kantonalen Blocher-Partei bedeutend spannender ist.
Der Conferencier konnte zwar nicht fehlen, dafür auch nicht sprechen, denn sogar
die Ansagen waren wahrscheinlich Playback, ein Abstrich. Die Show begann mit
einer kleinen Geschichte, wo eine junge Künstlerin fast alles tun wollte, um an
den Broadway zu kommen, aber eben: leider nur fast alles. Schon begann mensch zu
hoffen, dass (ausnahmsweise bei dieser traditionellen Veranstaltung) eine Story
dahinter steckte. Doch dann sprang die Szenerie wieder in der Weltgeschichte
herum. Witzig fand ich die zweite Geschichte, als eine Invasion von Schlechten
Bären Bärenland heimsuchte und die Guten Bären nur noch vom heroischen Kommander
Iwan gerettet werden konnten. Kindisch zwar, und sicherlich auch sehr an Star
Trek angelehnt, aber nicht ganz ohne Reiz.
Und dann begann der Abstieg der Show. Das Feld wurde frei gemacht für den
Soloauftritt von Denise Bielmann, der etwas gealterten, solariumbraunen
Eisprinzessin, die ihre gewohnten Sprünge und Pirouetten aufs Eis legte. Da war
mir ihre Vogängerin, die ganz süsse kleine Violetta bedeutend sympathischer.
Sogar Andrew Lloyd Webbers Cats waren anwesend, wenn auch in einer abgespeckten
Version. Die Geschichte sackte zusehends ab, die PolynesierInnenshow war der
erste echte Tiefpunkt. Der einzige Lichtpunkt dieses Programmpunktes war der
Kokosgeruch, der uns, passend zum Thema, plötzlich einnebelte. Nur die Pause
rettete uns und brachte mich zum ersten und einzigen Hailait des Abends: zu einem
Bier.
Holiday on Ice feiert heuer sein 50 jähriges Bestehen, ist aber noch immer auf
den Geschmack der 50jährigen angepasst, zumindest im grossen und ganzen. Die
Souvenirs und die ganze Feststimmung brachten nicht dieselbe reizvolle
Atmosphäre, wie sie sogar im Cafe Grössenwahnsinn üblich ist. Der zweite Teil der
Show begann mit einem völlig konstruiert wirkenden Wettbewerb, als ein Moderator
vom Radio Z (der einzige echte Witzbold am Abend) den Gewinner zu sich rief. Wie
dieser zu seinem Glück gekommen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Die Operette über den bescheuerten Zigeunerprinzen, der seine zwei Geliebten
verliert, ging ja noch, vor allem der klassissche Sound hatte durchaus seinen
Reiz. Und auch der Charlie Chaplin, der auf dem Eis seine Kunststückchen zeigte,
war fast fernsehwürdig. Dann aber brach der Auflauf in sich zusammen. Die
folgenden Auftritte (u.a. noch einmal von Denise National) waren unnötig und
grenzten nicht selten an Langeweile. Kein Wunder, gingen die ersten Gäste schon
weit vor dem grossen Finale nach Hause. Auch gewisse Presseleute konnten das
Gähnen nicht unterdrücken. Viele waren, froh, als der mühsam und lange
vorbreitete Schlussteil endlich sein Ende fand. Das Finale bedeutete für viele
auch die knappe Rettung vor dem Einschlafen. Da konnten auch die wenigen echten
guten Effekte nicht abhelfen.
Fazit: Ich weiss, warum ich bisher um diese Veranstaltung einen Bogen gemacht habe
und dies auch weiterhin tun werde. Ich fühle mich darin bestätigt. Holiday on Ice
ist ein Abklatsch früheren Glanzes der 50er, als man die Kriegsgeneration mit
allen Mitteln zum Lachen bringen wollte. In unsere Zeit passt diese Revue einfach
nicht mehr (jedenfalls nicht für unsere Generation). Sicher, die Eislaufeinlagen
sind zum Teil höchst unterhaltend anzusehen und haben völlig ihre Berechtigung.
Aber muss man dafür eine solche Material- und Kostümschlacht inszenieren? Wer
nächstes Jahr hingehen will, dem wünsche ich jetzt schon viel Vergnügen. Denn
auch im 51. Jahr des Holiday on Ice wird das Sprichwort unterstrichen werden:
Unkraut vergeht nicht.
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